Schreiben wir nur noch für Google?

Wie Suchmaschinen unser Schreib- und Leseverhalten verändern

Wo früher Wortwiederholungen verpönt waren, sind Doppelungen heutzutage praktisch ein Muss. Ein gutes Suchmaschinenranking ist oberstes Gebot für einen Text. Wir schreiben leseroptimiert, integrieren möglichst viele Suchbegriffe in den Text und werfen Stilratgeber grosszügig über Bord. Wer nicht sofort auf den Punkt kommt, hat verloren. Welchen Einfluss hat diese Schreibe auf unser Leserverhalten? Gibt es noch einen Unterschied zwischen Print- und Webtexten?

Wie oft haben Sie heute schon gegoogelt? Das Verb googeln existiert seit 2004. Damals wurde es vom Rechtschreibeduden aufgenommen. Und seitdem verändert es unser Lese- und Schreibverhalten.

Schreiben wir nur noch für Google?
(Foto: unsplash.com/negativ-space)

Texter wissen, dass sie es grundsätzlich mit ungeduldigen Lesern zu tun haben – egal ob auf Papier oder am Bildschirm. Seitdem wir über Suchbegriffe funktionieren und uns sekundenschnell mittels Suchmaschinen Informationen holen, prägt diese Hektik unseren Umgang mit Texten. Wir lesen nur, was wir suchen. Wer es nicht schafft, die Aufmerksamkeit des Lesers innerhalb von 1,5 Sekunden zu gewinnen, verschwindet im finsteren Tal der Vergessenheit. Und so brutal es klingt: Wer Informationen sucht, liest auch Print mit Online-Augen. Im Vordergrund steht die Suche nach Kernaussagen, nach Keywords. Texte werden «gescannt», überflogen. Im besten Fall der gesamte Artikel, oft sogar nur noch einzelne Abschnitte.

Nicht zutreffend sind diese Aussagen für Erlebnisleser*. Ihn treffen wir am Sonntagmorgen am Frühstückstisch beim Zeitungslesen. Er will sprachlich gefordert und inhaltlich befriedigt werden. Sein Wissensdurst ist gross. Er liest jedes Wort – und zwischen den Zeilen. Er braucht keine reisserischen Überschriften, um weiterzublättern. Er will solide Informationen und schätzt den klassischen Textaufbau, wie er für Printtexte üblich ist.


Schreibtipps für den Umgang mit ungeduldigen Lesern

Auch wenn es im Internet keine Platzlimiten gibt, gilt der folgende Grundsatz: das Zentrale, Interessante, Neugierigmachende gehört zur Einleitung. Die Kunst besteht darin, beim Auftakt den Leser zu verführen. Unbedeutendere Informationen gehören an den Schluss. Im Zweifelsfall helfen dem Schreiber die sieben Ws: wer, was, wann, wo, wie, warum, wozu? 

Folgende Schreibtipps sind immer wertvoll:

  • Erkennen Sie die Suchbegriffe, mit denen die Leser nach Informationen suchen, und integrieren Sie sie in den Text. Wenn möglich bereits im Titel.
  • Schreiben Sie kurz und prägnant. Schreiben Sie so kurz wie in Ihren Tweets. 
  • Vermeiden Sie Füllwörter. Streichen Sie alle also, dennoch, aber, so, grundsätzlich grosszügig mit dem Rotstift. 
  • Vermeiden Sie Fremdwörter. Es gibt so viele schöne deutsche Wörter. 
  • Schreiben Sie aktiv. Passivsätze animieren zum Einschlafen. 
  • Schreiben Sie lebhaft: überzeugen, verführen, bezaubern, begeistern Sie.


Fazit

Von den Erlebnislesern einmal abgesehen: Google hat unser Schreib- und Leseverhalten verändert.
Wer schreibt, will gefunden werden. Wer liest, will Informationen finden. Und zwar schnell.
Dies zwingt Texter und Textverantwortliche zu Prägnanz und Kreativität.
Und: Social Media macht uns alle zu Produzenten. Wir bewerten, teilen, kommentieren. Wir wollen mitreden.
Machen Sie Ihren Text zum Dialog.


#contentmarketing #digitalmarketing 


Autorin

Monika Mingot, Mingot CommunicationMonika Mingot
Mingot Communications



*Der Erlebnisleser wird auch im Buch "Text sells thematisiert.




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