Fünf Fragen an David Bosshart

«Wen du kennst ist mindestens so wichtig, wie was du weisst.»

David Bosshart, Gottlieb Duttweiler Institute (GDI)
Bild: David Bosshart, Gottlieb Duttweiler Institute (GDI)

Sie sagen, die wesentlichen Infrastrukturelemente beherrschen wir nicht. Dabei sagt man doch, die Schweiz sei eine Erfindernation. Ist sie das nicht mehr?

Doch, das sind wir sicher noch. In vielen Bereichen wie Automatik, Robotik, Sensorik, Bankensoftware sind wir sehr gut aufgestellt. Aber wenn es darum geht, mit Daten etwas zu machen, dann sind wir weit hinter Google, Microsoft und wie sie alle heissen zurück. Bei der Infrastruktur geht es um Themen wie Cloud, 5G, Skalierungsmöglichkeiten, und da liegt Europa global nicht an der Spitze. 

Sind Sie pessimistisch, was unseren Arbeitsmarkt betrifft?

Es braucht weniger Leute in der digitalen Welt. Ich bin aber insofern nicht pessimistisch, als dass sich immer wieder neue Jobs ergeben. Automatisiert und algorythmisiert werden innerhalb eines Berufes immer nur einzelne Teilschritte. In jedem Beruf findet man immer wieder Möglichkeiten, eine Detailkammer effizienter zu automatisieren – egal, ob beim Juristen, Lastwagenfahrer oder der Pflegefachfrau. Es entstehen aber auch immer wieder neue Bedürfnisse, die einen neuen Spezialistenjob ergeben. Bis jetzt hatten wir in der Schweiz kaum Arbeitsplatzverluste, aber ich kann die Garantie auch nicht abgeben, dass das in 15 Jahren noch so sein wird. 

Hilft uns unser Bildungssystem mit all den Qualifizierungsmöglichkeiten auch in Zukunft? 

Die Qualifizierung ist ein Element, bei dem wir gut sind. Gerade mit unserem dualen Bildungssystem. Der negative Effekt ist der Zwang, dass man permanent zertifizieren muss. Wenn alle einen Master oder Bachelor vorweisen können, wird das einzelne Zertifikat entwertet. 

Ist deshalb das Netzwerk in der heutigen Zeit so wichtig?

Ja, aber auch die Durchlässigkeit ist geringer geworden. Wenn alle mehr Bildung geniessen, muss auch jeder Einzelne mehr Bildung vorweisen, um einen Job zu erhalten. Nur eine Basisausbildung reicht immer weniger. Und wenn alle eine gute Bildung haben, gewinnt das Netzwerk an Bedeutung. Wen du kennst ist mindestens so wichtig, wie was du weisst. In der Vergangenheit haben wir, wenn wir aufgestiegen sind, niemandem etwas weggenommen. Wir hatten sehr viele Kaderstufen. Ein mittelmässiger Mitarbeiter wusste, dass er irgendwann befördert wird, wenn er nur lange genug dabei bleibt. Die digitale Welt funktioniert völlig anders. Das Wissen ist nicht mehr in den verschiedenen Kaderstufen, das Wissen ist verteilt im ganzen Unternehmen. Jeder Event ist heute ein Networkingevent geworden: Ins Kino gehen, eine Galerie besuchen, ins Café gehen. Die sozialen Komponenten sind mindestens so wichtig wie die Bildungskomponenten. 

Sie sagen, dass schon Vierjährige spielerisch mit Robotern in Berührung kommen sollen. Weshalb?

Wenn Kinder bereits ab vier Jahren eine Beziehung zu Robotern aufbauen, lernen sie nicht irgendwann aus den Medien, Roboter oder künstliche Intelligenz seien gefährlich. Sie bekommen einen kritisch hinterfragenden Zugang zu diesen Themen und sind so eben auch in der Lage zu beurteilen, was die Qualität des Roboters und was die Qualität eines Menschen ausmacht. Sie kennen die fundamentalen Unterschiede. Das Entscheidende ist, dass die Kinder nicht in eine emotionale Abhängigkeit mit Robotern geraten, wie man das heute mit Alexa beobachten kann. 

David Bosshart ist Trendforscher und Geschäftsführer des Gottlieb Duttweiler Institute (GDI). Der GDI-Newsletter informiert alle zwei Wochen über Aktuelles aus unserem Haus, zu unseren Studien, Veranstaltungen und Trend-News.

Autorin:
Monika Mingot, mingot.ch


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