Schöne neue Arbeitswelt

Paradigmenwechsel oder Hype?

Gemäss dem Futuristen Gerd Leonhard wird sich unsere Gesellschaft in den nächsten 20 Jahren mehr verändern, als sie dies in den letzten 300 getan hat.

Zwei Drittel der Kinder, die diesen Sommer eingeschult wurden, werden mit grosser Wahrscheinlichkeit Berufe ausüben, die es heute noch gar nicht gibt. Und kaum jemand wird einen Beruf lernen, den er oder sie ein Leben lang ausführt. Unsere Jobs werden anspruchsvoller und komplexer, denn repetitive Tätigkeiten werden zunehmend automatisiert. Es braucht also Lernfähigkeit und Mut, mit dem Wandel Schritt zu halten. Und den Willen, lebenslang zu lernen. Doch was müssen Arbeitnehmende von morgen wissen? 

Schöne neue Arbeitswelt

Am 6. November 2019 hat die Klubschule ein Bildungsforum für die Personalentwickler der Migros-Gruppe veranstaltet. Namhafte Experten haben sich zu Fragen in Bezug auf Wandel, Beschäftigungsfähigkeit, Automatisierung, Auswirkungen der Digitalisierung und lebenslangem Lernen ausgetauscht. Die wichtigsten Begriffe und spannendsten Aussagen werden hier zusammengefasst, denn sie gelten für alle Unternehmen gleichermassen:

Netzwerke

«Wen du kennst, ist mindestens so wichtig, wie was du weisst.» 
David Bosshart, Trendforscher und Geschäftsführer des Gottlieb Duttweiler Instituts (GDI).

Zukunftskompetenzen

«Die OECD hat die folgenden vier C als Zukunftskompetenzen definiert: Creativity, Communication, Collaboration und Critical Thinking. Momentan liegt wohl auf der Kreativität der grösste Fokus. Gemeint ist nicht die künstlerische Kreativität, sondern eher die Fähigkeit, Bestehendes in einem neuen Kontext anzuwenden, bzw. Lösungen für neue Fragenstellungen zu finden.»
Barbara Josef, Co-Founder von 5to9 AG

«Wir müssen die Leute nicht motivieren, sondern Bedürfnisse freilegen. Fragt man CEOs nach den Hauptanforderungen der Mitarbeitender in Zukunft, ist neben Interdisziplinarität die Flexibilität eine geforderte Kernkompetenz. Aber wie kann man sich Flexibilität aneignen respektive erwerben? Und entspricht dies denn auch dem Wunsch der Arbeitnehmer? Mitarbeiter sollten intrinsisch motiviert lernen. Wir müssen demnach herausfinden, welche Kompetenzen sie entwickeln wollen, damit wir sie auch befähigen und unterstützen können. Und eben auch akzeptieren, dass es einige gibt, die das gar nicht wollen, oder nicht können.»
Camille Zimmermann, Trendforscher und Director von Trendone Schweiz

«In der betrieblichen Weiterbildung muss sich jedes Unternehmen überlegen, welches Fachwissen in Zukunft noch gefragt sein wird. Es gibt keine allgemeingültige Antwort für alle Industrien übergreifend. Dazu kommt, dass niemand weiss, wie der Arbeitsmarkt und die Tätigkeiten in zehn Jahren konkret aussehen. Die Fähigkeit zu erlangen, mit dieser Unsicherheit umzugehen, ist etwas, was für uns Menschen sehr schwierig ist.» 
Camille Zimmermann, Trendforscher und Director von Trendone Schweiz

Lernen und Weiterbildung

«Ein Tag ohne Weiterbildung ist ein verlorener Tag. Wenn wir nicht mehr lernen wollen, haben wir die Neugier verloren oder verlernt zu lernen. Dann müssen wir uns die Freude am Lernen wieder aneignen.»
Mirjam Jaeger, Innovationscoach Klubschule Migros

«Insbesondere in Zukunft, in dem sich so rasant wandelnden Arbeitsumfeld, werden wir immer mehr lernen müssen. Das Lernen wird also eine Grundfähigkeit, die essentiell ist und für welche wir uns laufend motivieren müssen. Die Lernbereitschaft ist und wird zentral sein.»
Camille Zimmermann, Trendforscher und Director von Trendone Schweiz

«Agil zeichnet sich durch eine sehr starke aktive Rolle des Beteiligten aus. Wenn wir über Lernen sprechen, stellt sich die Frage, wer ist aktiv Lernender und wer passiv Belehrter. Wenn wir aktives Lernen ermöglichen wollen, müssen wir als Pädagogen eine vorbereitete Umgebung schaffen, in der Lernende finden, was sie benötigen.»
Frank Thomas Drews, Pädagoge und Mitglied des Managements bei abc CAMPUS GmbH

«Die Arbeitgebersicht fokussiert traditionell eine "Push"-Kultur. Ein Unternehmen benötigt gewisse Profile und bildet sie aus oder lässt sie ausbilden. Der Arbeitnehmer dagegen denkt in einer "Hol"-Kultur. Er lernt das, was er für notwendig hält oder das, wofür er motiviert ist.»
Frank Thomas Drews, Pädagoge und Mitglied des Managements bei abc CAMPUS GmbH

Wandel

«Wir können versuchen, den Wandel hinauszuzögern, aber das hat einen gewissen Preis. Anpassung und Widerstand an Wandel war historisch gesehen immer normal.»
David Bosshart, Geschäftsführer des GDI Gottlieb Duttweiler Instituts

«Über alle Stufen hat die emotionale Sicherheit abgenommen. Darum sucht man den Club, das Fitnessstudio, um sich mit Seinesgleichen auszutauschen, sich gegenseitig zu stärken.»
David Bosshart, Geschäftsführer des GDI Gottlieb Duttweiler Instituts

Künstliche Intelligenz

«Wir Menschen lernen, aber wir lernen extrem viel langsamer als sich Hardware und Software entwickeln. Um den Gap, der grösser wird, zu kompensieren, brauchen wir darum gute, funktionierende Technologie. Mensch und Technik ist Koevolution. Je komplexer das Umfeld wird, umso mehr braucht es künstliche Intelligenz.»
David Bosshart, Geschäftsführer des GDI Gottlieb Duttweiler Instituts

 

Begriffserklärung

Dies sind die 6 wichtigsten Begriffe im Zusammenhang mit der Transformation in der digitalen Welt:

Desintermediation.

Alle Stufen werden hinterfragt, und wenn sie nicht gebraucht werden, werden sie eliminiert. Zum Beispiel das Uber-Prinzip: Eine App verbindet die Fahrer mit den Fahrgästen. In direktem Schritt. 

Hyperconnectivity.

Die digitale Vernetzung von Individuen, Dingen, Maschinen, Geräten, Unternehmen verändert unser Verhalten und unsere Wahrnehmung. Es wird zur Selbstverständlichkeit, dass hochwertige Informationen, auch Bildung, sehr bequem und gratis zur Verfügung stehen. 

Exponentialität.

Die Exponentialität, ist typisch für digitale Effekte. Wir können nicht sagen, wann neue Erkenntnisse kommen, aber wir können davon ausgehen, dass sie einem Quantensprung entsprechen. Evolutionstechnisch und menschheitsgeschichtlich sind wir Exponentialität nicht gewohnt. Wir haben traditionell nur lineares Wachstum im Kopf. 

Transparenz.

Transparenz ist sehr anspruchsvoll. Wo sie im industriellen Bereich sinnvoll und gewünscht ist, wird es schwierig, wenn sie den Menschen betrifft. Wenn die Leistung des Einzelnen immer besser messbar wird, wird das moralisch zu einer grossen Herausforderung.

Reality Hacking.

Jeder kann sich seine eigene Realität basteln. Jeder ist nur die Sammlung von dem, was er gelesen und diskutiert hat. Wir beziehen unsere Informationen vorwiegend über digitale Geräte, die uns zeigen, was wir sehen wollen.

Echtzeit.

Die Ungeduld wächst. Der Kunde hat einen Wunsch und er will, dass dieser sofort erfüllt wird. Beispiel Amazon. 

 

Fazit

Der Wandel lässt sich nicht aufhalten. Vor uns steht eine spannende Zukunft, die uns einige Knacknüsse bereithält, die uns aber auch eine Vielfalt an neuen Möglichkeiten verspricht. Lernbereitschaft, Lernfähigkeit und Teamfähigkeit sind die wichtigsten Kompetenzen, um mit dem Wandel Schritt zu halten. Dabei ist der Einzelne genauso gefordert wie die Arbeitgeber: Wenn es den Unternehmen gelingt, dass die Mitarbeitenden angstfrei und motiviert neue Herausforderungen annehmen und sie benötigtes Wissen unmittelbar in konkrete Handlungen transferieren können, werden sie die Angst vor Veränderung verlieren und motiviert und qualifiziert ihre Aufgabe erfüllen. Sie werden auch in Zukunft beschäftigungsfähig bleiben.

 

Autorin:
Monika Mingot, mingot.ch


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