Fachkompetenz, Mut und eine Prise Glück

Was Nadja Schmid Frauen rät, die eine Führungsposition anstreben

Nadja Schmid ist Chefin der UX-Agentur soultank AG. Sie ist Betriebswirtschafterin und verfügt über einen MAS in Human Computer Interaction und Design. Im Beruf und im Umgang mit dem Team kommt ihr neben ihrer Ausbildung und Erfahrung auch ihre weibliche Intuition zugute.

Nadja Schmid

Welche generellen Kompetenzen benötigt man für eine Führungsposition?

Natürlich folgt jede Branche ihren eigenen Spielregeln, aber grundsätzlich braucht man sachliche Eigenschaften wie eine entsprechende Ausbildung, ein Interesse für Wirtschaft und gute Kenntnisse in Betriebswirtschaft. Doch das allein genügt nicht, es braucht eben auch Empathie. Nur wenn man den Puls der Mitarbeitenden fühlen kann, merkt man, wenn etwas nicht in Ordnung ist und kann auf die entsprechenden Personen zugehen. Zu guter Letzt ist auch die Kommunikation wichtig. Man muss die Mitarbeitenden ebenso erreichen wie die Kunden. 

Was raten Sie Frauen, die eine Führungsposition anstreben?

Frauen fehlt es oft an Mut. Sie wollen perfekt sein, bevor sie sich eine Herausforderung zutrauen. Niemand ist perfekt, und wenn man immerzu auf den idealen Zeitpunkt wartet, verpasst man den Bus und bleibt zurück. Man muss seine Chance packen, auch wenn man sich noch nicht zu hundert Prozent bereit fühlt. Es ist normal, dass man «on the Job» lernt und so in die grösseren Schuhe hineinwächst. Eine Weiterbildung ist immer eine gute Sache, aber Führungsqualitäten eignet man sich nicht in der Schulbank an, sondern indem man ins kalte Wasser springt. Das ist wie mit dem Schwimmen, das lernt man auch nicht auf dem Trockenen. Wir Frauen sollten uns deshalb vom Wunsch, perfekt zu sein, verabschieden. Wir dürfen Fehler machen, Männer tun es schliesslich auch. 

Würden Sie einem Mann dasselbe raten?

Ihm würde ich eher raten, dass seine Emotionen keine Schwäche sind. Er soll und darf sie zulassen, das ist völlig in Ordnung. Gerade an den Emotionen erkannt man, dass jemandem das Thema wichtig ist und deshalb haben sie auch im Geschäftsleben ihre Berechtigung. 

Was hat Ihnen auf Ihrem Werdegang geholfen?

Meine Flexibilität und der Wunsch, eine Führungsposition einzunehmen. Interessant ist, dass ich vor einigen beruflichen Scheidewegen gestanden bin, ehe es geklappt hat. Man muss offen sein und verschiedene Wege ausprobieren. Es gibt nicht die eine, schnurgerade Strasse zum Erfolg. Es heisst wach bleiben und im entscheidenden Moment die richtige Abzweigung nehmen. Ich zum Beispiel habe zudem stets klar kommuniziert, dass ich Ambitionen habe. Was mir geholfen hat, war meine Begeisterung für die Materie. Beim Thema User Experience geht mir das Herz auf, und das konnte ich nach aussen vermitteln. Sobald man «sein Ding» gefunden hat, sollte man die Gelegenheiten beim Schopf packen und sich Schritt für Schritt weiterentwickeln. Und wenn man zur rechten Zeit am rechten Ort ist, hat man auch das Glück auf seiner Seite. 

Was können Unternehmen tun, um den Frauenanteil in den Chefetagen zu erhöhen?

Vaterschafts- und Mutterschaftsurlaube sind meiner Ansicht nach ein wichtiger Ansatz. In der Schweiz sind wir in Sachen Elternzeit leider noch ziemlich von vorgestern. Da müsste sich gesellschaftlich einiges bewegen. Es braucht mehr Firmen, die ihre Rahmenbedingungen für Familien verbessern, damit Frauen Kind und Kegel unter einen Hut bringen. Aber das ist nur ein Aspekt. Typisch weibliche Attribute wie Emotionalität und Sozialkompetenz sollten in den Unternehmen mehr Wertschätzung erfahren. Nicht nur Hard Facts wie die Ausbildung, auch die Soft Facts sind wichtig. Doch das Umdenken geschieht nicht von heute auf morgen. Da braucht es noch Geduld

Was halten Sie von Jobsharing?

Das ist eine gute Möglichkeit, um Führungspositionen mit Frauen zu besetzen. Wenn Unternehmen Jobsharing anbieten können, finde ich das grossartig. Für kleine Firmen bedeutet diese Arbeitsform jedoch einen grossen Mehraufwand. Aber auch das Homeoffice bietet sich an. Das Arbeiten von zu Hause aus verschafft Eltern etwas Luft, da beispielsweise der Arbeitsweg wegfällt. Am Schluss ist es ein Mix verschiedener Massnahmen, um den Frauenanteil in den Führungspositionen zu erhöhen

Wie definieren Sie Leadership?

Leader sind für mich Coaches. Ob im Sport oder in der Geschäftswelt macht keinen Unterschied. Sie übernehmen Verantwortung und schaffen ein Umfeld, in dem das Team einfach, effizient und mit Freude arbeiten kann. Zentral ist die Schaffung einer positiven Unternehmenskultur, in der sich Mitarbeitende weiterentwickeln können und wo man auch ein offenes Ohr für Probleme hat. Ein Leader oder eben eine Leaderin hat eine Vorbildfunktion, indem er oder sie die Unternehmenswerte vorlebt, das Team lenkt, für eine positive Stimmung sorgt und dem Einzelnen zeigt, dass sein Einsatz wichtig ist. 

Welche Frau überzeugt Sie als Leaderin und warum?

Erfreulicherweise gibt es immer mehr Frauen, die einen sehr guten Job machen. Mich persönlich inspiriert die Premierministerin von Neuseeland, Jacinda Ardern. In gewissen Situationen zeigt sie offen das klassisch weibliche Verhalten, indem sie beispielsweise Trost spendet und Menschen in den Arm nimmt. Zugleich verfolgt sie eine klare politische Linie, wie etwa in der Coronapandemie. Mit ihrer authentischen Art hat sie es geschafft, das ganze Land für sich zu gewinnen und Anerkennung im Ausland zu erhalten. Beeindruckend.

Zum Schluss: Können Sie uns Ihre 5 wichtigsten Tipps für Frauen verraten, die mit einer Führungsverantwortung liebäugeln?

1. Unsere weiblichen Eigenschaften sind unsere Stärke, und die sollten wir nutzen. Wenn wir uns nicht verstellen und authentisch sind, wirken wir automatisch glaubwürdig und sympathisch.

2. Das Netzwerk pflegen, ganz besonders auch mit anderen Frauen. So kann man seine Erfahrungen austauschen.

3. Nicht auf den perfekten Zeitpunkt warten, denn den gibt es nicht. Die Herausforderung annehmen. Wenn es nicht funktioniert, einen Schritt zurückgehen und weitermachen.

4. Statt motivationskillendes Micromanagement zu betreiben, den Mitarbeitenden vertrauen.

5. Wer eine Führungsposition anstrebt, soll das auch offen kommunizieren. Keine falsche Bescheidenheit. 

Und noch etwas: Selbstreflektion ist wichtig, jedoch dürfen wir nicht zu kritisch mit uns ins Gericht gehen. Wenn wir versuchen, es allen recht zu machen, stehen wir auf verlorenem Posten. Deshalb: Steuern Sie mit Mut und Zuversicht Ihr Ziel an.

 

Vielen Dank Frau Schmid

 

Autorin: Diana Osei


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