Habt keine Angst vor Technologie!

Franziska Reist über hybride Arbeitsmodelle

EIGER heisst das Projekt, das Franziska Reist beim Migros-Genossenschafts-Bund leitet. Sie ist dafür verantwortlich, Technologien und Prozesse für die Zukunft zu entwickeln, um damit die digitale Transformation im genossenschaftlichen Detailhandel der Migros-Gemeinschaft voranzutreiben. Für Franziska Reist gehört hybrides Arbeiten schon lange zum Alltag. Im Interview verrät sie, worauf es dabei ankommt.

Franziska Reist

Was ist der zentrale Aspekt der hybriden Arbeit und wie stehen Sie persönlich dazu?

Bis jetzt hatte ich in jeder Anstellung die Möglichkeit, hybrid zu arbeiten. Für mich persönlich ist diese Arbeitsform mittlerweile zu einem Grundkriterium geworden. Denn meiner Meinung nach kommt es weniger darauf an, wann und an welchem Ort gearbeitet wird, sondern wie das Resultat aussieht. Im Zentrum steht also die Arbeitsqualität. Hybride Arbeitsmodelle sollten überall dort zum Einsatz kommen, wo die Mitarbeitenden ihre Aufgaben digital und dezentral erledigen können. 

Warum finden Sie es wichtig, dass Unternehmen hybrides Arbeiten ermöglichen? 

Wenn wir die Faktoren «wo» und «wann» in den Hintergrund rücken, bleibt uns mehr Raum, um die Aufmerksamkeit auf das Wesentliche zu lenken: die Qualität. Zum Beispiel indem Führungskräfte ihre Teams dazu befähigen, ihre Arbeit noch besser zu erledigen – und damit echten Mehrwert schaffen. Es ist zudem ein Fakt, dass die Grenzen von Freizeit und Arbeit immer mehr ineinanderfliessen. Hybrides Arbeiten hat den Vorteil, dass es beides besser verbindet. 

Wo liegen aus Ihrer Sicht die Herausforderungen beim hybriden Arbeiten?

Als Führungsperson muss ich mir mehr und aktiver Zeit nehmen, um die Mitarbeitenden zu spüren. Ich muss sicher sein, dass es ihnen gut geht. Weil die Arbeit und der Mehrwert beim hybriden Arbeiten derart im Mittelpunkt stehen, besteht die Gefahr, dass dieser Teil der Führung etwas zu kurz kommt. Dagegen bemerke ich im persönlichen Kontakt viel schneller, ob sich das Gegenüber wohlfühlt oder nicht. Beim hybriden Arbeiten muss ich zudem auch managen, dass alle Stimmen gehört werden, da stillere Personen in einer Videokonferenz eher «verloren gehen». 

Hatten Sie jemals ein Aha-Erlebnis im Zusammenhang mit hybridem Arbeiten? 

Ja, als mir kürzlich bewusst wurde, dass sich mit dem hybriden Arbeiten die geografischen Grenzen verwischen. Gerade für ein Unternehmen wie die Migros mit Standorten über die ganze Schweiz verteilt ergeben sich daraus grosse Chancen. Es ist viel einfacher, mit Personen von anderen Standorten ein Meeting durchzuführen und sie in Prozesse einzubeziehen. Die Mitarbeitenden rücken dadurch näher zusammen.

Wie hat hybrides Arbeiten Ihren Alltag verändert? 

In meinem Fall müssten Sie wahrscheinlich eher fragen, was wäre, wenn ich nicht hybrid arbeiten könnte. Mein Alltag, so wie ich ihn kenne, wäre wohl nicht mehr zu bewältigen. Ich sehe hybrides Arbeiten als festen Bestandteil meines Wirkens und es ist für mich nicht mehr wegzudenken. Auch wenn die Pandemie vorbei ist, werden wir in meinem Team weiter hybrid arbeiten – anders könnten wir die Distanzen gar nicht effizient überwinden. 

Ist Remote-Arbeit nur für Bürojobs geeignet? 

Es gibt Jobs und Unternehmen, wo es unabdingbar ist, dass die Mitarbeitenden aus der Ferne arbeiten können. Und dann gibt es andere Gebiete, wo dies vielleicht nur ein Nice-to-have ist. Es gibt ohne Zweifel noch viele Bereiche, in denen bisher unerkanntes Potenzial für hybrides Arbeiten entdeckt werden kann. Mir fällt dazu spontan das Beispiel eines befreundeten Floristen ein: Wegen Corona mussten einige seiner Mitarbeitenden in Quarantäne und konnten deshalb nicht arbeiten. Er hat ihnen daraufhin kurzerhand Material nach Hause gesendet, damit sie im Homeoffice Adventskränze stecken konnten. Corona hat solche Kreativität auf jeden Fall beschleunigt. Auf der anderen Seite sehen viele Unternehmen derzeit noch gar keine Möglichkeit, hybride Arbeitsmodelle einzusetzen. Ich bin aber überzeugt davon, dass die nächste Generation diesen Status quo überwinden wird.

Was können Unternehmen tun, damit der Umstieg auf hybrides Arbeiten gelingt? 

Es ist eine Top-down-Geschichte. Es braucht Führungspersonen, die vorausgehen und ihren Mitarbeitenden Vertrauen schenken. Ziele und Aufträge müssen auf den Arbeitsinhalt bezogen ausformuliert sein, damit die Mitarbeitenden sich darum herum selbst organisieren können. Man muss sich aber auch überlegen, wie zum Beispiel Sitzungen abgehalten werden. Sollen sie standardmässig immer in den Räumen des Unternehmens stattfinden? Oder grundsätzlich online, und wer gerade in der Nähe ist, nimmt vor Ort teil? Solche und weitere Überlegungen muss man sich immer wieder machen. Schliesslich sollen die besten Voraussetzungen geschaffen werden, um hybrides Arbeiten effizient zu ermöglichen.

Zum Schluss: Welches sind Ihre drei wichtigsten Tipps, damit hybrides Arbeiten funktioniert?

Man muss sich bewusst sein, dass es ein Riesenluxus ist, wenn man hybrid arbeiten kann – eine Portion Demut schadet also bestimmt nicht. Das Wichtigste aber ist, dass man das einem entgegengebrachte Vertrauen zu schätzen weiss und seine Arbeit unabhängig des «Wanns» und «Wos» gut und professionell erledigt.

Zweitens ist für die optimale Work-Life-Integration hybrides Arbeiten zwar Bedingung, doch sollte man auch gewisse Grenzen ziehen. Beispielsweise ist es wichtig, trotz flexiblen Arbeitszeiten nicht zu jeder Tages- und Nachtzeit zu kommunizieren. Der Gewinn von Flexibilität soll das Wahren von professionellen Grundsätzen und Respekt gegenüber persönlichen Prioritäten ausserhalb der Arbeit nicht tangieren, und dies möchte ich als Führungsperson meinem Team auch so vorleben.

Ebenso finde ich es wichtig, dass man die technologischen Möglichkeiten ausschöpft. Es gibt eine Vielzahl grossartiger Tools, die das Remote-Arbeiten aufpeppen und beleben. Ein Beispiel ist Sli.do, mit dem man während der Online-Sitzung anonyme Umfragen durchführen kann, um auch die stilleren Gemüter abzuholen. Mit Collaboration Tools wie z.B. Miro oder Mural können auch virtuell über Design Thinking Ideen entwickelt werden. Aber auch die Microsoft Suite hält einiges bereit: Über Yammer zum Beispiel können Status-Updates versendet werden, damit Mitarbeitende untereinander vernetzt bleiben. Bei all dieser Vielfältigkeit ist mein dritter Tipp für Führungspersonen klar: Habt keine Angst vor Technologie! 

 

 

Vielen Dank!

 

Autorin: Diana Osei


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